Schadensersatz und Entschädigung bei Schwerbehinderung nach § 15 AGG

BAG, Urteil vom 22.05.2014 – 8 AZR 662/13.
Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird. Der Senat hält an seiner früher als obiter dictum geäußerten gegenteiligen Auffassung (BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 – Rn. 27, BAGE 142, 143) nicht fest.
In dem Urteil hat eine an MS erkrankte Klägerin eine Ausbildung als Fachangestellte für Bäderbetriebe absolviert. Nach Abschluss ihrer Ausbildung bewarb sich die Klägerin bei dem beklagten Badebetrieb um eine besristet ausgeschriebene Tätigkeit, die ihrer Ausbildung entsprach.
Hierauf hat der beklagte Badebetrieb ihr einen Musterarbeitsvertrag zugesandt und mit ihr eine Besichtigung des Betriebes durchgeführt. Bei dieser Besichtigung wies die Klägerin auf ihre Behinderung hind, worauf das Vertragsangebot von der Beklagten zurückgezogen wurde.
Die Klägerin reichte sofort Klage auf Schadensersatz ein, ohne eine vorherige außergerichtliche Einigung zu erzielen. Der Beklagten erging die Klage einen Tag nach Ablauf der 2-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zu (§ 15 Abs. 4 AGG: „Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden… Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.“)

Das BAG musste nun die Frage klären, ob ein eventuell bestehender Anspruch verfallen sei, da die Frist des §15 AGG nicht eingehalten wurde. Hierzu führt das BAG aus, dass die Klageeinreichung innerhalb der Frist des §15 Abs. 4 AGG ausreichend sei, auch wenn die Klage nach Fristablauf der Beklagten zugestellt wurde. DAs LAG hat das noch anders gesehen und die Klage abgewiesen.

Aufgrund der Entscheidung des BAG wurde der FAll nun an das LAG zurückgewiesen, welches nun aufklären muss, ob die Beklagte sich auf den Ausnahmetatbestand des § 8 Abs.1 AGG berufen kann. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines Diskriminierungsgrundes (hier: Behinderung) nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.

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