Erben will gelernt sein – Vererben aber auch

Die häufigsten Irrtümer rund ums Erbe.

Erben Anwalt Mönchengladbach Erbrecht

Irgendwann im Leben kommt der Zeitpunkt, an dem sich mit dem Tod und dessen Folgen, dem Erben und Vererben, näher beschäftigt werden sollte. Sei es, weil man selbst ein gewisses Alter erreicht hat, der Tod im näheren Umfeld eine Rolle spielt/gespielt hat oder weil das Thema krankheitsbedingt in den Vordergrund gerückt wurde.

Die Frage – Wer bekommt eigentlich mein Vermögen, wenn ich sterbe? – wird dann zum zentralen Thema. Insbesondere wenn verhindert werden soll, dass das hart erarbeitete Vermögen „unters Fußvolk“ gerät und nicht, wie erhofft, bei dem eigenen Partner oder den Kindern landet oder wo immer es sonst hinfließen soll.

Allerdings ist das Erbrecht leider im Laufe der Zeit durch extrem viele Möglichkeiten der individuelle Gestaltung und durch die hierdurch entstehenden Fallstricke oder gar Missverständnisse des Erb- oder Steuerrechts, ein solch komplexes Thema geworden, dass bevor wir im Weiteren die häufigsten Irrtümer aufzeigen, wir Ihnen folgendes nahe legen möchten, damit Sie Ihr Vermögen auch wirklich so vererben, wie Sie es sich wünschen.

Testament:

Damit sichergestellt ist, dass das eigene Vermögen auch bei dem landet, der es letztendlich auch bekommen soll, ist eine letztwillige Verfügung wie ein Testament oder ein Erbvertrag zwingend notwendig. Sonst gilt die gesetzliche Erbfolge, die den Nachlass streng schematisch nach gesetzgeberischen Vorstellungen verteilt.

Aber Achtung:

Nicht selten sind selbstverfasste Testamente unwirksam, da die äußere Form nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht und nicht alles, was im Internet hierüber zu lesen ist, ist auf dem aktuellen Stand.

Unsere Empfehlung:

Wenn Sie sich nicht 100 Prozentig sicher sind, ob Sie Ihren letzten Willen zur Zufriedenheit des Gesetzgebers und unanfechtbar zu Papier bringen können, dann ist es sinnvoll einen Fachmann zu beauftragen. Gute Ansprechpartner für die Erstellung eines Testamentes, sind Notare oder auch erfahrene Anwälte für Erbrecht.

Die häufigsten Irrtümer rund ums Erben:

Irrtum Nr. 1 – Nach meinem Tod erbt automatisch mein Ehepartner alles.

Diese Auffassung ist so pauschal betrachtet in dieser Form nicht richtig. Unter bestimmten Umständen ist Ihr Ehe- oder eigetragener Lebenspartner lediglich einer von vielen möglichen Erben.

In der gesetzlichen Erbfolge – ohne Testament – wird nach der rein schematischen Verteilung ein großer Teil des Vermögens an die Kinder des Verstorbenen verteilt, trotz eines speziellen gesetzlichen Erbrechts des Ehe- und/oder eingetragenen Lebenspartners. Hierneben können unter bestimmten Umständen auch die Enkel oder Urenkel vor dem Partner erben. Selbst wenn keine Kinder des Verstorbenen vorhanden sind, können als Erbberechtigte die eigenen Eltern oder auch die Geschwister in Betracht kommen – je nach Familienkonstellation, die individuell berücksichtigt werden muss.

Hat der Verstorbene und sein Ehepartner gemeinsame Kinder und es gibt kein Testament, dann bekommt der Ehepartner im Normallfall – sofern die Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt – nur die Hälfte des Vermögens und die Kinder die andere Hälfte. Gemeinsam bilden die Erben dann eine sogenannte Erbengemeinschaft, die auch nur gemeinschaftlich über den Nachlass entscheiden kann.

Irrtum Nr. 2 – Ich lebe bereits lange mit meinem Lebenspartner zusammen, daher gehört auch er zum Kreis der Erben

Das ist schlichtweg falsch, da das Gesetzt eine reine Lebensgemeinschaft ohne Trauschein wie Fremde behandelt. Ein gesetzliches Erbrecht ist in einem solchen Fall nicht vorgesehen und gibt es auch nicht. Wenn der Verstorbene für den Fall des Todes keine Vorsorge im Sinne eines Testamentes getragen hat, geht der Partner sogar nach jahrzehntelangem Zusammenleben leer aus.

Um das zu vermeiden sollten Sie einen gemeinsamen Erbvertrag schließen oder zumindest ein Testament machen, welches den anderen darin bedenkt. Natürlich können Sie auch Ihren Partner zum Alleinerben machen. Pflichtteilsansprüche gesetzlicher Erben können Sie mit einem solchen Testament allerdings nicht ausschließen.

Ein weiteres Problem besteht bei unverheirateten Partnern zudem auch bei den Freibeträgen und Steuersätzen bezüglich der Erbschaftssteuer. Hier sind unverheiratete Paare deutlich schlechter gestellt, als Verheiratete. Der unverheiratete Partner kann lediglich 20.000 EUR steuerfrei erben, während Verheiratete das 25-fache dessen, also 500.000 EUR steuerfrei erben können. Alles über den Steuerfreibetrag hinaus ist zu versteuern. Zudem haben Paare ohne Trauschein außerdem den höchsten Steuersatz in Höhe von 30 bis 50 %. Die Erbschaftssteuer richtet sich nach dem Wert des steuerpflichtigen Erbes. Dieses Problem ist nur mit einer Heirat zu umgehen.

Irrtum Nr. 3 – Brauche ich einen Notar für ein rechtlich haltbares Testament?

Auch die Annahme ist nicht korrekt. Jeder kann sein Testament vollständig alleine aufsetzen – ohne dass ein Notar dies beurkunden muss. Allerdings tragen Sie dann auch das alleinige Risiko, wenn Sie nicht die richtigen Worte finden oder verwenden, um Ihr Vermögen zu verteilen oder nicht genau festlegen, wer genau was und wieviel erben soll. Gerade bei größerem Vermögen oder einer etwas komplizierteren Familienkonstellation, beispielsweise Patchworkfamilien, kann es sich unterm Strich lohnen, einen Notar zur Testamentserstellung hinzuzuziehen. Im Zweifel sparen Sie hierdurch nicht nur unnötige Kosten im Hinblick auf mögliche Erbschaftssteuer, sondern ein eindeutiges Testament verhindert zudem auch potenzielle Streitereien unter den Erben, die sich größtenteils über Jahre hinwegziehen können und nur weitere unnötige Kosten verursachen können.

Zudem gilt, gerade bei größerem Vermögen, dass ein Notar unter Umständen sogar günstiger sein kann, als ein allein erstelltes Testament. Ist für das Vermögen im Todesfall ein Erbschein von Nöten, beispielsweise wenn es um Immobilien geht oder größere Ersparnisse oder halt, weil die Erbfolge aufgrund des Testamentes nicht eindeutig erkennbar ist, kostet einen Erbschein zu beantragen mehr Geld als für das Erstellen des Testamentes beim Notar hätte aufgewandt werden müssen. Dort wird dann lediglich eine „einfache Gebühr“ fällig, für ein Erbscheinverfahren wären es dann aber zwei. Gibt es ein notarielles Testament, dann brauchen die Erben in der Regel keinen Erbschein.

Irrtum Nr. 4 – Meine Handschrift ist so grottig, das kann niemand lesen. Daher tippe ich mein Testament am Computer
und unterschreibe es einfach.

Kann man das so machen? Klare Antwort – Nein, das geht leider nicht. Auch wenn so mancher sich das wünschen würde, wenn er versucht aus den Hieroglyphen eines Testamentes schlau zu werden. Ein maschinell geschriebenes Testament ist leider unwirksam und es würden statt dessen die gesetzlichen Regelungen gelten, von denen ja gerade mit einem Testament abgewichen werden sollte.

Es gilt in den sauren Apfel zu beißen und die Sonntagsschönschrift umzusetzen. Der letzte Wille ist erst dann formal wirksam, wenn er von der ersten bis zur letzten Zeile handschriftlich und eigenhändig verfasst und am Ende unterschrieben wurde. Auch Ort und Datum sollten genannt werden. Durch die Hand- und die Unterschrift soll ihr Testament zweifelsfrei und eindeutig zugeordnet werden können, was bei maschinell getippten Seiten nicht der Fall ist.

Irrtum Nr. 5 – Meine Kinder bewahren mein Testament auf und kümmern sich auch um die Umsetzung

So ehrenhaft das auch sein sollte, aber leider ist auch das nicht erlaubt. Wer ein Testament aufbewahrt oder auch in den Nachlassunterlagen findet ist verpflichtet dieses nach dem Tod des Verfassers umgehend beim zuständigen Nachlassgericht abzugeben. Dies umgehend, unverzüglich und auf direktem Weg.

Hier drohen schwerwiegende Folgen, wenn das Testament nicht beim Nachlassgericht eingereicht wird. Es besteht eine Vorlagenpflicht. Widrigenfalls macht man sich wegen Urkundenunterdrückung strafbar. Auch drohen weitere zivilrechtliche Konsequenzen. Denn wenn jemand gegen diese Vorlagenpflicht verstößt, bekommt er nichts vom Erbe, da er dann als erbunwürdig gilt.

Zuständiges Nachlassgericht ist im Übrigen das Gericht, an dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das ist in den überwiegenden Fällen der Wohnsitz des Verstorbenen.

Das Nachlassgericht leitet nach Vorlage ein Nachlassverfahren ein. Das hießt, ein Rechtspfleger am Gericht öffnet das Testament, schriebt hierüber ein Protokoll und versendet dieses, gemeinsam mit dem Testament, an die jeweiligen Nachlassbeteiligten.

Irrtum Nr. 6 – Wieso Erbschaftsteuer riskieren, wenn ich doch vorher alles verschenken kann?

Das ist zwar ein netter Gedanke, aber in den meisten Fällen völlig unnötig. Die Erbschaftssteuer fällt erst dann an, wenn die steuerlichen Freibeträge der Erben ausgeschöpft sind. Erben mehrere Personen gemeinsam und nutzt hier ein jeder seinen Freibetrag, können sogar größere Erbschaften völlig steuerfrei von einem zum andern gehen.

Auch das selbst bewohnte Familienheim bleibt steuerfrei, wenn der erbende Ehepartner oder die erbenden Kinder dort weiter wohnen bleiben oder entsprechend einziehen. Hier müssen die neuen Bewohner aber mindestens zehn Jahre im Haus oder in der Wohnung bleiben, damit keine Erbschaftsteuer fällig wird.

Hier sollte man sich im Zweifel von einem Steuerberater fachlichen Rat einholen.

Irrtum Nr. 7 – Ich habe mein Kind enterbt damit es keinen Cent bekommt.

Familie kann man sich nicht aussuchen obwohl das in manchen Familien vielleicht wünschenswert wäre. Auch wenn die eigenen Kinder sich noch so „unfamiliär“ verhalten, so ist Blut immer noch dicker als Wasser. Hierfür wurde mit dem sogenannten Pflichtteilsanspruch Sorge getragen. Im Zweifel geht auch der Enterbte nicht komplett leer aus.

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch auf Geldzahlung und richtet sich gegen den oder die Erben. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Je nach Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen und der Zahl der Erben ändert sich die konkrete Höhe. Bei Eheleuten spielt zudem auch der vereinbarte Güterstand eine Rolle.

Der Anspruch auf den Pflichtteil entfällt nur selten und muss im Einzelfall geprüft werden. Er könnte beispielsweise entfallen, wenn der Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat mit mind. einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde. Reduzieren kann man den Pflichtteil höchstens, wenn sie Teile Ihres Vermögens vorab verschenkt haben.

Hier gilt allerdings noch die Zehnjahresfrist. Sie sollten insofern dann frühzeitig damit anfangen, damit die Schenkungen nicht doch noch zum Nachlass gezählt werden und so den Pflichtteilsanspruch erhöhen. Je länger die Schenkung zurückliegt, umso geringer ist auch der Wertanteil, der in die Berechnung des Pflichtteils einfließt. Nach 10 Jahren spielen die Schenkungen für den Pflichtteil auch keine Rolle mehr.

Dies gilt im Übrigen nicht bei Schenkungen zwischen Ehegatten. Hier beginnt die Zehnjahresfrist erst dann anzulaufen, wenn die Ehe aufgelöst ist: durch Scheidung oder Tod.

Irrtum Nr. 8 – Nichteheliche Kinder bekommen nichts vom Nachlass.

Auch das ist ein Trugschluss. Kinder aus einer früheren Beziehung erben genauso, wie die ehelichen Kinder. Selbst wenn kein Kontakt mehr bestehen sollte, so können die Kinder höchstens enterbt werden und auf ihren Pflichtteilsanspruch gesetzt werden (siehe Nr. 7)

Irrtum Nr. 9 – Ich bin geschieden, daher erbt mein/e Ex nichts mehr

Hier gilt es um die Ecke zu denken, denn unter bestimmten Umständen kommt auch der oder die Ex an das Erbvermögen.

Gibt es nämlich unter den geschiedenen Eheleuten minderjährige Kinder, so geht das Erbe auf diese über. Die Vermögenssorge für das Geerbte bekommt im Normalfall der noch lebende Elternteil. Wenn dann noch das Kind unerwartet früh verstirbt und die Erbfolge nicht testamentarisch geregelt wurde, landet das Erbe letztlich bei dem/der Ex.

Irrtum Nr. 10 – Es gibt nichts zu erben, daher schlage ich das Erbe aus um nicht auf den Beerdigungskosten sitzen zu bleiben.

Dieses Szenario ist sehr oft anzutreffen. Beispielsweise wenn der Verstorbene sein Vermögen für seine letzten Jahre durch hohe Pflegekosten hat aufwenden müssen o.ä. kann die Erbschaft überschuldet sein. Beerdigungskosten sind aus dem Erbschaftsvermögen zu bezahlen. Deckt das Erbschaftsvermögen die Beerdigungskosten allerdings nicht, so denkt sich manch einer, dass wenn er das Erbe ausschlägt, er auch nicht für die Beerdigungskosten aufkommen müsse. Auch dies ist ein weit verbreiteter Irrtum.

Die Kosten werden nicht am Erbschaftsvermögen direkt festgemacht, sondern an demjenigen der “bestattungspflichtig” ist.

Wer bestattungspflichtig ist, bestimmen die Bestattungsgesetze der Bundesländer. In erster Linie übernimmt die Verantwortung hierfür, sofern das Erbschaftsvermögen überschuldet ist oder die Erben ausschlagen, der Ehe- oder der eingetragene Lebenspartner. Hiernach sind die volljährigen Kinder zuständig und dann die Eltern des Verstorbenen. Danach erst werden die Geschwister des Verstorbenen in Anspruch genommen.

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